Geschichtliches, denkmalpflegerische Werte & Besonderheiten:
Die Görnische Gasse, die im 13. Jahrhundert mit der planmäßigen Stadtgründung angelegt wurde, wird an der Südseite von einem der größten Grundstücke der Bürgerstadt flankiert. Das heute ca. 22,5m lange Flurstück reicht bis an die äußere Zwingermauer der ehemaligen Stadtbefestigung heran. Die bis in ca. 6m Höhe erhaltene Bruchsteinmauer dort enthält noch Fragmente dieser Zwingermauer. Die innere Stadtmauer wurde schon im 19. Jahrhundert im gesamten Grundstück oberirdisch abgebrochen; in der westlichen Grundstückswand ist die Abbruchkante des nach Westen fortsetzenden Mauerzuges noch sichtbar.
Spätestens 1580 wurde das heute bestehende Vorderhaus errichtet. Mehrere Vorgängerbauten wurden nachweislich einbezogen, so das nordöstliche Kellergewölbe und ein nicht unterkellerter Gebäudeteil im südwestlichen Vorderhaus, der als Erdgeschoss und in Teilen des Obergeschosses noch besteht. Im 16. Jahrhundert entstand auch ein Seitengebäude im Hof, das an dessen Nordwestecke im heutigen südlichen Seitengebäudes noch erhalten ist und das an der Mauerwerksstruktur sowie äußerlich an dem 2015 freigelegten Renaissance- Fenstergewände erkennbar ist.
Neben der Größe des Vorderhauses der Renaissance ist vor allem seine reiche Ausstattung mit besonders aufwändig gefertigten Sandsteingewänden an Fassaden und im Inneren bemerkenswert. Die mit Halbkugeln geschmückten sogenannten Linsenmedaillongewände zeigen in den Spiegelflächen Flachreliefs mit floralen Motiven. Ein prächtig gestaltetes Eingangstor – ähnlich dem Portal des Bahrmannschen Brauhauses An der Frauenkirche 3 muss die Fassade ursprünglich geschmückt haben. Bis nach 1900 war eine Bildtafel mit künstlerisch gestalteter Sandsteinplastik davon noch in der hofseitigen Fassade eingebaut, die heute leider verloren ist.
Im Inneren sind die originalen Baustrukturen der Hochrenaissance in großem Umfang erhalten, so dass Funktion und Gestaltung eines großen Wohn- und Geschäftshauses der Zeit noch gut ablesbar sind. So die mit Sterngewölben überzogene Haushalle, von der aus ein turmartig vorgestellter Wendelstein erschlossen wird, der im Obergeschoß in einer großflächigen Querdiele mündet und auch noch den Dachraum erreicht. Weiterhin finden wir eine Schwarzküche mit Rauchkammer im darüberliegenden Geschoss, die herrschaftlich ausgestatteten quadratischen Stuben im Erd- und Obergeschoss, weitere Stuben und Kammern straßenseitig.
Eine beachtliche Größe erreicht das ebenfalls original erhaltene Sparrendach, eine dreigeschossige Konstruktion mit liegendem Stuhl und vier Hängesäulen. Diese Konstruktionsart ließ das untere Dachgeschoß stützenfrei - wodurch es besonders gut für Lagerzwecke genutzt werden konnte.
Von der reichen Innenausstattung der Renaissance sind neben den o.g. Türgewänden Blendbogenarchitekturen auf Steinkonsolen erhalten. Einzigartig in der Meißner Bürgerstadt ist die Ausstattung der großen Stube im Obergeschoss mit umlaufender Wandgliederung aus kannelierten Sandstein-Pilastern und figürlich geschmückten Steinkonsolen (leider nur teilweise erhalten).
Beim gegenwärtigen Umbau konnten glasierte Kacheln mehrerer historischer Öfen geborgen werden - die entsprechend ihrer Gestaltung und ihrem Bildschmuck zurückreichen bis in die Bauzeit (sog. Reformationskacheln). Restauratoren sicherten wichtige Putz- und Farbschichten, die eine reiche Gestaltung der Aufenthaltsräume über die Jahrhunderte und verschiedenen Stilrichtungen hinweg belegen. Neben Renaissance- und Barockfassungen berichten stark farbige Fassungen aus dem endenden 19. Jahrhundert von Schönheitsvorstellungen eines Gastraumes des Historismus (zu denen auch die geborgene Gussäule in reiche Neorenaissanceformen gehört, die jetzt im Altan des Hofes steht).
Zum Renaissancebestand der Decken erfahren wir aus neueren Bauuntersuchungen 2014, dass schlichte unprofilierte Deckenbalken ohne farbliche Differenzierung die Räume im Obergeschoß begrenzten und im ersten genutzten Zustand dazu ein einfaches deckenbegleitendes Band die Wand zierte. Die quadratische Stube im Erdgeschoß besaß dagegen eine profilierte Holzbalkendecke, die mit einer schwarzen Färbung versehen war und bis in die 1970iger Jahren hier existierte (abgebrochen um 1970).
Mehrere Umbauten hat auch dieses Anwesen erfahren; der äußerlich entscheidendste Eingriff war der Einbau des schlichten Stichbogenportals etwa in der Mitte des 19. Jahrhundert als Ersatz eines kleineren Renaissanceportales (s.o.) sowie die Erweiterung des Durchganges aus der Haushalle zum Hof. Mit der Entwicklung des Brauereiwesens im Grundstück wurde verstärkt die Hofbebauung verändert und verdichtet (u.a. Pferdeställe; ab 1832 Brauerei Stephan und Sohn).
Ab 1875 ist die Nutzung des Obergeschosses als Gastwirtschaft belegt - dem damit verbundenen Umbau ist wohl auch die aufwändig gestaltete Kunstgusssäule zuzuordnen, die 2015 dort geborgen und jetzt im südwestlich angebauten Altan eingesetzt wurde. Eine militärische Nutzung bestand seit dem endenden 19. Jh., wovon ein kleines Schilderhaus in einer Wandnische des ersten Seitengebäudes zeugt.
Sonstige geschichtliche Besonderheiten:
Im Verzeichnis über die Kriegsschäden des Schwedeneinfalls im Juni 1637, der mit großen Verwüstungen in der Stadt einherging, wird das Haus unter den "bewohnten" geführt. Hier erfahren wir den Namen des damaligen Eigentümers: Paul Striegnicz, der Ratsherr seit 1617 und Notar war. Seine Vorfahren waren reiche Tuchmacher und in der Burgstraße ansässig.
Da das Haus über fünf Biere verfügte, d.h. fünfmal im Jahr Bier gebraut und ausgeschenkt werden durfte, ist die Notwendigkeit einer eigenen Wasserversorgung ableitbar. Am Beginn des 18. Jahrhundert ist ein Röhrfahrtsanschluss dort für den Eigentümer Eschke verzeichnet. Die weiten Kellerräume eigneten sich hervorragend zur Bierherstellung; einige der steinernen Faßbänke sind noch vorhanden. Der große Brunnen im Hof mit 3 m Durchmesser ist der bisher größte bekannte im Altstadtgebiet und - entsprechend seiner Ausführung aus Sandsteinquadern - frühestens im 18. Jahrhundert in dieser Form entstanden.
Entwicklung bis zur Wende:
Die Intensivierung der gastronomischen Nutzung Anfang des 20. Jahrhundert und die Nutzung als Großküche bis ca. 1990 hatten zahlreiche tiefe bauliche Eingriffe zur Folge: Die untere Treppe des Wendelsteines wurde herausgebrochen; die Renaissancedecke der Stube im EG musste einer Betondecke weichen, ein Speiseaufzug wurde dort eingebaut, die darüberliegende Stube wurde ihrer wertvollen Sandsteinpilaster fast vollständig beraubt. Die straßenseitigen Stuben im Obergeschoss mussten weichen zugunsten eines großen Gastraumes, der hier ab 1875 bestand.
Entwicklung nach der Wende:
Nach Auflösung der HO (Handelsorganisation der DDR) verwaltete ein staatlicher Immobilienverwalter Sachsens das Grundstück, bis es privatisiert wurde. Eine engagierte Familie hatte sich die Rettung des geschichtsträchtigen Anwesens und Wiedernutzbarmachung zum Ziel gesetzt. Planung, notwendige Freimachungen und erste Notsicherungen erfolgten im Grundstück mit viel Engagement und Eigenleistung. Ein Fördervertrag aus Mitteln des SDP-Programms konnte geschlossen werden. Unterstützung dafür gab u.a. eine Aktion mit Architekturstudenten der TU Dresden, die zur Revitalisierung der Innenstadt eine Menge Ideen und praktikable Ansätze zusammentrugen und in ihrem Projekt "Porzellanpfad" vereinigten. Dank gebührt ihnen und ihren professionellen Betreuern für diesen Fundus.
Seit 2014 erfolgten Sicherung und anschließende Instandsetzung und Modernisierung der Gebäude. Neben der Wahrung kulturhistorischer Werte und Aufwertung der räumlichen Qualitäten sind zeitgemäßer Nutzungskomfort für die entstehenden großzügigen Wohnungen und Geschäftsräume Prinzip der baulichen Entwicklung. Besondere Aspekte sind die Wiederherstellung der teilabgebrochenen Renaissance-Wendeltreppe, die Restaurierung der aufwändig gestalteten, jedoch stark geschädigten Gewände der Fassaden und Innenräume, die sorgfältige Instandsetzung der wertvollen Dachkonstruktion entsprechend der originalen Handwerksmethoden und unter Beachtung der historischen Raumstrukturen und -qualitäten in der Modernisierungsplanung. Behutsam eingeordnete bauliche Ergänzungen für Freisitze an allen Wohnungen oder PKW-Unterbringung erzeugen modernen Wohnkomfort im historischen Bau. Angesichts des teilweise stark verschlissenen Bauzustandes und der besonderen kunsthistorischen Wertigkeit des Anwesens ist die Unterstützung der Städtebauförderung hier richtig und notwendig!
Ein erstes sichtbares Ergebnis ist die renovierte Außenhülle mit ziegelgedecktem Dach und farbig gestalteter Fassade, die in Anlehnung an die historischen Befunde gestaltet ist (z.B. Putzstrukturen und -bänder; schwarze Fassungen der Gewände). So wird das Straßenbild der Gasse wesentlich bereichert und zusammen mit den anderen bereits renovierten Gebäuden gewinnt der städtebauliche Raum Qualitäten zurück.